Nachdem sich Havanna und wir gut aneinander gewöhnt haben und ich einen Schwerbehindertenausweis (Voraussetzung für einen Assistenzhund) beantragt habe, habe ich mich auf die Suche nach einem Assistenzhundetrainer gemacht. Ich wollte sie „selbst“ ausbilden, was bedeutet, dass man den eigenen Hund mit Hilfe eines Trainers ausbildet und dann die Prüfung macht. Die Suche war nicht ganz einfach, besonders hier in Bayern, da ich einen zertifizierten Trainer wollte, denn das kann nicht jeder Hundetrainer. (Bei uns in der Nachbarschaft gibt es einen Blindenführhund, der noch nicht einmal sein Herrchen richtig führen kann.) Schließlich habe ich einen Trainer gefunden. Er hat uns besucht und Havanna erst einmal auf ihre Eignung getestet. Diesen Test hat sie glücklicherweise bestanden. Bei Nichtbestehen hätte ich meinen Traum vom Assistenzhund aufgegeben, weil sie uns schon als Familienhund so viel gegeben hat und ihre Anschaffung nicht von der Fähigkeit ein Assistenzhund zu werden abhing. Wir bekamen ein offizielles Angebot mit den voraussichtlichen Kosten und der Dauer der Ausbildung. Viel hängt jedoch davon ab, wie viel man mit dem Hund zwischen den einzelnen Trainingsstunden übt. Das kann dann schon zu einer Herausforderung werden, wenn es einem nicht so gut geht.
Zuerst wurden grundsätzliche Kommandos geübt, wie an der Leine ohne Schnüffeln oder Markieren zu gehen, wie man sich als Assistenzhund im Supermarkt anständig verhält, auf Kommando ihre „Geschäfte“ erledigt und so vieles mehr. Danach haben wir Havannas spezifischen Assistenzaufgaben geübt. Diese sind aufsteigende Unruhe zu melden, mich aus Dissoziationen herausholen, mich beim selbst Zwicken zu unterbrechen, mir die Notfallmedikamente bringen, beim aus der Tür gehen, den Schlüssel zu bringen, mich von anderen Menschen abzuschirmen. Das Melden der Unruhe hat sie von sich aus ganz alleine angefangen. Den Rest musste ich mit ihr üben. Das Üben hat und macht ihr immer noch viel Spaß.
Ich musste lerne, wie ich auf Fragen wie, was ist ein Assistenzhund, warum haben sie einen Assistenzhund oder was macht ihr Assistenzhund, reagiere. Wenn es mir halbwegs gut geht und ich das Gefühl habe, dass die mir gegenüberstehende Person ein wirkliches Interesse hat, antworte ich, dass Havanna auf mich aufpasst und mich vor einer Panikattacke warnt. Wenn es mir nicht gut geht und ich auch kein tieferes Interesse spüre, sage ich einfach, dass Havanna mir Störungen im Stoffwechsel meines Gehirns meldet. (Eine Depression ist ja in gewisser weise eine Störung des Gehirnstoffwechsel von Serotonin und Noradrenalin.)
Nach gut 1,5 Jahren Training waren wir bereit für die Assistenzhundeprüfung. Leider kam Corona dazwischen und wir mussten warten, bis Prüfungen wieder möglich waren. Die Prüfung hat sie mit Bravour bestanden. Wir waren sehr stolz auf sie.
Nun ist sie beides: Familienhund und Assistenzhund. Die erste Nachprüfungen hat sie bestanden, die nächste steht bald an. Wenn sie zu alt zum Arbeiten als Assistenzhund wird, dann wird sie weiterhin unser sehr gut ausgebildeter Familienhund bleiben. Hergeben werden wir sie nicht mehr. Ob dann ein weiterer Hund bei uns einziehen wird, der dann Havannas Aufgaben übernimmt, steht noch in den Sternen, weil sie voraussichtlich noch eine gute Weile arbeiten kann. Solange es ihr Spaß macht, soll sie es auch.