Ein Netzwerk zu haben, das einen auffängt, wenn es einem schlecht geht, man unsicher ist oder einfach auch nur eine Frage hat, ist meines Erachtens nie verkehrt. Wenn es einmal aufgebaut ist, bekommt man einfacher und schneller die Hilfe und Unterstützung, die man braucht. Und so wie in einem Netz nicht nur ein einziger Faden die gesamte Last trägt, so kann auch ein Netz den Ausfall eines Fadens auffangen. Fällt ein Netzwerkpartner z.B. wegen Urlaub aus, so gibt es noch andere Netzwerkpartner, die einspringen können.
Netzwerkpartner
Es gibt viele verschiedene Ansprechpartner, die du in dein persönliches Netzwerk einbauen kannst. Jeder hat da seine eigenen Vorlieben, nicht alles passt zu jedem und nicht alles ist überall verfügbar. Hier sind meine unsortierten Ideen:
Freunde/Bekannte
Es gibt Freunde und Bekannte, mit denen man sich über seine Gedanken gut austauschen kann. Manchmal hilft es schon, wenn jemand gut zuhören kann. Gerade Freunde, die auch wissen, was es heisst depressiv zu sein, können eine große Ermutigung sein.
Selbsthilfegruppe
Wer solche Freunde nicht hat, für den kann eine Selbsthilfegruppe genau das Richtige sein. Man tauscht sich gegenseitig aus und kann Tipps und Infos von anderen bekommen. Schau doch mal im Internet, ob es eine Gruppe in deiner Nähe gibt!
Veranstaltungen des Bündnis gegen Depression
Weitere solcher „Peer“-Gruppen kann man beim Bündnis gegen Depression finden. Das Bündnis ist in verschiedene Regionalgruppen aufgeteilt. Diese bieten verschiedene Veranstaltungen an. In München gibt es u.a. einen Stammtisch, einen Lauftreff, eine Spaziergruppe und auch ein Beratungstelefon. Alles ganz unverbindlich. Schau doch mal, was in deiner Region angeboten wird!
Sozialpsychiatrischer Dienst (SpDi)
Es gibt in jedem Landkeis in Deutschland einen sog. sozialpsychiatischer Dienst. Dort arbeiten zu meist Sozialarbeiter, die mit Entlastungsgesprächen, Unterstützung mit der Bürokratie, Organisation von Hilfen, etc. unterstützen. Für mich persönlich ist dieser Dienst sehr hilfreich. Ich habe dort seit Jahren die tolle Ansprechpartnerin. Je nach dem wie es mir geht oder was gerade anliegt, habe ich öfter oder weniger oft einen Termin mit ihr. Mancher SpDi bietet auch Gruppen an. Diese bieten auch Möglichkeiten zum gegenseitigen Austausch.
Tagesstätte
Die Tagesstätte hat nichts mit der Tagesklinik oder einem Heim zu tun. In der Tagestätte kann man andere Betroffene treffen, gemeinsam etwas machen und Unterstützung bekommen. Es gibt allgemeine Tagesstätten oder auch künstlerisch ausgerichtete. Jede Tagesstätte ist anders. Informier dich doch, was es in deiner Nähe gibt!
Hausarzt/Psychiater (m/w/d)
Scheue dich nicht, Deinen Arzt/Ärztin zu kontaktieren, wenn du Fragen wegen deiner Behandlung hast. Wenn es dir seit längerem schlechter geht, lass es ihn/sie wissen. Spreche mit dem Arzt/Ärztin, bevor du deine Medikation änderst. Tipps für einen Arztbesuch findest du hier.
Psychotherapeut/in
Wenn du gerade in Therapie bist, bist du ja eh mit deinem Therapeuten in Kontakt. Nach der Therapie kann es aber auch sein, dass ein Thema wieder oder neu hoch kommt, mit dem du nicht alleine zurecht kommst. Frag doch nach, ob du nochmal einen Termin bekommen kannst. Es kann sein, dass du diese Terrmine selbst bezahlen musst. Für mich ist das ein großer Aegen, weil mein derzeitiger Therapeut und ich ein super eingespieltes Team sind. So kommen wir sehr schnell auf den Grund, was gerade mit mir los ist.
Krisendienst/Telefonseelsorge
In Bayern gibt es den Krisendienst, den man rund um die Uhr erreichen kann (Tel. 0800/6553000). Wenn nötig schicken diese auch ein Interventionsteam vorbei. Falls es so etwas in deiner Nähe nicht gibt, kannst du dich auch an die Telefonseelsorge wenden.
Programm für seelische Gesundheit/Vincentro/etc.
Es gab einmal in München ein Angebot, das Programm für seelische Gesundheit hieß. Das war einer psychiatrischen Klinik angegliedert. Dort hat man 1x/Quartal ein Gespräch mit einem Psychiater/in gehabt, den man aber zwischendurch kontaktieren konnte. Dieser hat in Krisenzeiten mit dem behandelnden Arzt/Ärztin besprochen, wie man am besten weiter macht. Ziel des Programms war es, Krankenhausaufenthalte zu vermeiden. Ähnlich ist auch das Programm von Vincentro. Was in dieser Richtung in deiner Region angeboten wird, weiß das Internet, dein Arzt/Ärztin oder auch der SpDi (sozialpychiatrische Dienst).
Social Media
Ich bin leider nicht auf Facebook, Instagram und Co. unterwegs. Daher kann ich dir leider keine Tipps für gute Gruppen im Netz geben. Ich habe jedoch auf YouTube zwei Kanäle, die ich persönlich sehr gut finde und schon vieles gelernt habe. Der eine Kanal ist PsychCast (www.youtube.com/@PsychCast) und der andere Scott Eilers (www.youtube.com/@DrScottEilers). Auf PsychCast findet man viele Informationen auf verständliche Weise zu Medikamenten und Diagnosen von Chefärzten, die sehr bodenständig und lebensnah sind. Scott Eilers ist ein amerikanische Psychotherapeut, der selbst jahrelang schwer depressiv war und weiß, wovon er spricht. Er ist auch sehr bodenständig und praxisnah.
Fazit
Du siehst, es gibt so viele Möglichkeiten, um dein Netzwerk zu stricken. Bei den meisten Angeboten muss man sich erst aufmachen und den Kontakt suchen. Das ist anstrengend und kann dauern. Deshalb empfehle ich dir das Netzwerk aufzubauen, bevor du in eine tiefe Krise rutschst. Ich kann davon ein Lied singen! Ich bin sehr dankbar für mein Netzwerk. Ich weiß, dass ich nicht alles alleine durchstehen muss. Ich weiß, wo ich welche Unterstützung bekomme. Und ich weiß, dass ich nicht untergehen werde.