Täglich raus an die frische Luft zu gehen, ist wirklich gut, um die Stimmung zu verbessern. Schon 10 min können einen Unterschied machen.
Jetzt weiß ich selber, dass das gerade, wenn es einem nicht gut geht, eine große Herausforderung darstellt. Man möchte lieber auf der Couch oder im Bett bleiben, ganz besonders, wenn das Wetter schlecht ist. Sich anzuziehen und spazieren gehen klingt dann überhaupt nicht gut oder allein der Gedanke daran überfordert einen.
Meine Erfahrung
Eine Therapeutin hat es mir mal zur Aufgabe gemacht, jeden Tag eine halbe Stunde spazieren zu gehen. Ich habe es gemacht, aber es war so langweilig und müßig, dass ich sehr schnell aufgegeben habe. Da ich mich zu diesem Zeitpunkt wegen der Schwere der Depression kaum spüren konnte, hat es für mich keinen Unterschied und somit keinen Sinn gemacht.
Seit bei uns ein süßes weißes Fellknäuel – in Form unserer Havaneser Hündin Havanna – eingezogen ist, stellt sich für mich gar nicht mehr die Frage, ob ich raus gehen will oder nicht. Ich muss, wenn ich später keine ihrer Hinterlassenschaften in der Wohnung weg wischen will. Auch mit nur 1 min in den Hof lassen, ist es nicht getan. Sie braucht den Auslauf, die Bewegung, das Schnüffeln (ihre Art des Zeitungslesens und WhatsApp-Schreibens) und den Kontakt zu anderen Hunden. Oft ist es so, dass ich erst überhaupt keine Lust habe raus zu gehen, ich aber dann doch während des Spaziergangs feststelle, wie gut es mir tut.
Vorteile des täglichen Spaziergangs
Die frische Luft draußen hat mehr Sauerstoff als die Luft in der Wohnung. Gerade im Winter, wo man nicht ständig das Fenster offen hat und lüftet, ist das der Fall. Mehr Sauerstoff bedeutet, dass das Gehirn und auch der Kreislauf besser funktioniert.
Draußen ist auch mehr natürliches Licht als in der Wohnung, auch wenn es bewölkt ist. Das Tageslicht ist ein natürlicher Stimmungsaufheller.
Bewegung tut nicht nur dem Körper, sondern auch der Stimmung gut.
Tipps und Strategien
Wie kannst du es nun schaffen, den inneren Schweinehund zu überwinden und raus zu gehen, wenn du nicht, wie ich, einen Hund hast? Dafür gibt es mehrere Strategien, die dir dabei helfen können:
Eine Routine entwickeln

Z.B. immer nach dem Mittagessen gehe ich raus oder vor dem Nachmittagskaffee. Wenn klar ist, wann du raus gehst, musst du nicht immer neu entscheiden, wann und ob du gehst. Hilfestellung dazu findest du im Beitrag Eine hilfreiche Tagesstruktur Teil 1″>Tagesstruktur.
Entsptechende Kleidung

An dem Spruch „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung“ ist schon etwas Wahres dran. Es fällt mir leichter auch bei kalten und nassen Wetter mich aufzuraffen und raus zu gehen, wenn ich Jacken habe, die bequem sind und mich warm und trocken halten, Das braucht nicht der letzte Schrei der Outdoor-Fashion-Industrie zu sein. Warme, wasserdichte Stiefel, eine warme Jacke und evtl. ein Regen-Cape darüber reichen in der kalten Jahreszeit schon aus. Da ich eher minimalistisch veranlagt bin, was Klamotten betrifft, bin ich ein Fan von Zwiebellook als von vielen verschiedenen Jacken.
Ein Ziel haben

Oft verbinde ich meinen Spaziergang mit einem Einkauf. Anstatt das Auto oder den Bus zu nehmen, laufe ich zum dm, Baumarkt, Fressnapf, die etwas weiter weg sind. Da habe ich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Ich war an der frischen Luft und habe einen Einkauf erledigt.
Belohnung

Eine große Motivation ist natürlich eine Belohnung. Das kann der Coffee-to-go oder der Coffee-to-stay auf dem Spaziergang sein. Ich freue mich auf eine Tasse Kaffee oder meinem Lieblingstee nach meinem Spaziergang. Ein nettes Accessoire dazu findest du unter Nützliches.
Auf Fotopirsch gehen

Obwohl ich mit Havanna mehr oder weniger immer die gleichen Strecken gehe, gibt es immer wieder etwas Neues zu entdecken. Den Fotoapparat oder das Handy dabei zu haben und sich ganz bewusst auf die Suche nach neuen Fotomotiven zu machen, macht den Spaziergang gleich viel spannender. Auch ist es eine gute Achtsamkeitsübung. Man ist im Hier und Jetzt, was auch die Stimmung hebt, ganz besonders, wenn man mit schönen Bildern wieder nach Hause kommt.
Sich verabreden

Meine größte Motivation morgens aufzustehen ist, dass ich um 8:00 Uhr im Park ganz liebe andere Gassigeher treffe und wir zusammen mit den Hunden unsere Runde drehen. Allein der soziale Kontakt hilft die Stimmung zu verbessern. Man hört und sieht mal etwas anderes als immer nur die eigenen Probleme und Depressionen. Die Zeit vergeht wie im Flug und schon war man eine Stunde an der frischen Luft ohne es zu merken.
Als Therapiezeit nutzen oder Probleme lösen

Während eines Spaziergangs kann man sehr gut nachdenken. Themen aus der Therapie kann ich dort sehr gut nachspüren und nachsinnen. Man hat eine Zeit, wo einen nichts ablenkt. Auch habe ich schon viele Probleme lösen können, weil ich durch die Bewegung, frische Luft und Zeit gut nachdenken kann. Beim Spazierengehen sind mir schon viele neue Ideen gekommen.
Naturmaterialien sammeln

In der Natur oder auch im Stadtpark kann man viele Materialien sammeln. Seien es Wiesenblumen für einen Blumenstrauß, schöne Steine, kleine Äste, Moos, Eicheln, Kastanien, Bucheckern für die Deko zu Hause, Bärlauch, Holunderblüten, Wildkräuter für die Küche, der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Das Schöne daran ist, dass man die Jahreszeiten viel intensiver erlebt.
Auf der Parkbank ein Buch lesen

Warum nicht an einem schönen Tag, sich ein Buch schnappen, es sich draußen auf einer Bank gemütlich machen und lesen? Man kommt raus, tankt Sonne und kann sich in ein Buch vertiefen.
Mit dem Hund des Nachbarn Gassi gehen

Vielleicht hast du in der Nachbarschaft jemanden, der froh wäre, wenn jemand ab und zu mit seinem Hund Gassi gehen würde. Tierschutzvereine suchen immer wieder Leute, die mit den Hunden eine Runde drehen. Es gibt auch Vereine wie die SilberPfoten e.V., die Menschen suchen, die Senioren und kranken Menschen mit Gassigehen unterstützen, damit der geliebte Hund bei ihnen bleiben kann. Wer Hunde mag, hat viele Möglichkeiten, zu einem „Leihhund“ zu kommen, ohne gleich die volle Verantwortung für einen eigenen Hund zu übernehmen.
Was immer dir hilft, jeden Tag Spazieren zu gehen, mach es. Wenn es heute nicht klappt, dann versuche es morgen nochmal. Wenn du denkst, das bringt doch eh nichts, dann sei dir sicher, dass es schon etwas bringt, du es aber im Moment vielleicht nicht spüren kannst. Ich brauche auch immer wieder trotz Hund einen Tritt in den Hintern, damit ich es tue. Meist geht es mir nach einem Spaziergang besser. Am Anfang können es auch erst mal nur 10 min sein. Ich starte eine Marathon ja auch nicht von 0 auf 100. Kleine Veränderungen sind das Ziel.